Strieten wider den Heiligen Geist [II]
Als katholischer Fundamentaltheologe, als der er sich ausweist, wäre es Striets ureigene Aufgabe, den Glauben zu begründen und die Kirche nach ihrem Selbstverständnis zu befragen. Stattdessen sucht er nach den Gründen, warum der Teufel der Selbstsäkularisierung an die Wand gemalt werde, wo vielmehr über mögliche Reformen und Zugeständnisse nachgedacht werden müsse, und warum diese Reaktion so „heftig“ ausfalle. Erste Möglichkeit nach Striet: Die von der Entsicherung der Moderne erfassten Kritiker entwickelten eine „angstbesetzte Immunisierungsstrategie“.
Das Herabziehen einer sachlichen Diskussion auf die emotionale Ebene mittels der Unterstellung, der kritische Gegenüber habe letztlich „Angst“, ist ein sattsam bekanntes und Ermüdung verursachendes Stilmittel im innerkirchlichen „Dialogprozess“. Die Rede von der Immunisierungsstrategie wiederum entbehrt nicht einer gewissen Komik. Handelt es sich bei den im Memorandum geforderten Reformen also um eine Krankheit?
Zweite Möglichkeit – mit Dankbarkeit nimmt man Kenntnis, dass sie immerhin von dem Fundamentaltheologen Striet in Betracht gezogen wird -: Die Kritiker seien überzeugt davon, sagen zu können, was wahr ist, weil sie diese ihre Gewissheit von einer göttlich legitimierten Instanz ableiten. Unter den Bedingungen der „modernen Reflexivität“ gesehen, kann es diesen unverstellten Zugang zum Willen Gottes für Striet jedoch nicht geben.
Hat er noch nicht vom Heiligen Geist gehört, der in der Kirche wirkt?
Zumindest zieht er in Betracht, dass es diesen Zugang eventuell geben könne, um sofort das einschränkende „Aber“ nachzuschieben: Er erscheine jedenfalls vielen Gläubigen nicht mehr plausibel. Nun, ein Blick ins Alte Testament, man denke auch an das Schicksal der Rotte Korach, zeigt, dass dies jedenfalls kein modernes Problem ist.
Schließlich im vierten Abschnitt, stellt Striet fest: „Das Katholische gab es nie“. Auch die sichtbare Gestalt von „Kirche“ sei notwendig ein Ergebnis von geschichtlichen Kontingenzen, welche den Überlieferungsprozess des Glaubens und dessen immer neue lebendige Erschließung nicht behindern dürften. Das klingt griffig und eingängig und ist typisch für die aalglatte Rhetorik und die kennzeichnenden Kategorienvermengungen von Magnus Striet, der zur Bekräftigung seiner These noch eine Passage aus der Schrift „Die Kirche Jesu Christi“ von Walter Kardinal Kasper zitiert: „Was kirchlich ist und als solches zu gelten hat, muss sich aus dem offenen und freien Zusammenspiel aller Glieder in der Kirche, aus einem offenen und öffentlichen Dialog ergeben ... Auf diese Weise ist in der Kirche immer wieder alles offen für kaum vorherzusehende Zukunftsentscheidungen.“ Da es sich um eine ekklesiologische Fachschrift handelt, ist allerdings nicht davon auszugehen, dass Kardinal Kasper von der Preisgabe katholischer Glaubensinhalte spricht, wie sie das Memorandum ventiliert. Wenn er schreibt „alle Glieder in der Kirche“, so schließt er damit selbstverständlich die Gemeinschaft der Bischöfe und den Heiligen Vater, also das Lehramt mit ein, und nicht etwa eine vermeintliche, von Striet et. al. konstruierte Basis, der mehrheitlich die göttlich geoffenbarte Wahrheit aktuell unzumutbar erscheint.
Alle Glieder in der Kirche umfasst daneben auch die Glieder der Vergangenheit, das heißt der überlieferte katholische Glaube, wie er auf uns durch die ersten Apostel gekommen ist und deren lange Linie von Nachfolgern durch die Jahrtausende. In einer kirchlich zu denkenden Demokratie bildeten diese übrigens die Mehrheit, und nicht die Lebenden, die schlicht unzufrieden mit Gottes Geboten sind, weil sie ihnen subjektiv untragbar erscheinen. Alle Glieder in der Kirche meint aber mithin auch die Christen, die für unsere Glaubenswahrheiten in den Tod gegangen sind und – Stichwort: Kirche 2011 – nicht nur bekannte Katholiken wie Shahbaz Bhatti aktuell auch heute noch gehen.
Fazit: Einer katholischen Theologie, welcher der Blick auf die Gesamtheit und der Fülle des Katholischen fehlt, weil sie die Grundlagen des Magisteriums mitsamt dem Walten des Heiligen Geistes, der dritten Person der göttlichen Dreieinigkeit, ignoriert, sackt offensichtlich auf das Niveau von schierer Sozialwissenschaft ab, noch dazu auf ein ausgesprochen mediokres und populistisches.
Herkommend von der apologetischen Aufgabenstellung, die die christliche Theologie von Anfang an begleitet hat, kommt es insbesondere dem Zweig der Fundamentaltheologie zu, religiöse und theologische Grundüberzeugungen vor dem Forum der Vernunft darzustellen und zu verantworten. Magnus Striet ist dies mit seinem Beitrag leider nicht gelungen.
[Der erste Teil bzw. Anfang des ganzen Beitrages hier nachzulesen.]
ElsaLaska - 8. Dez, 23:40
Phantastisch