Brief von Michael Hesemann- zur Andalusien-Imagination
an den Düsseldorfer Oberbürgermeister zu seinen Andalusien-Aussagen:
>>Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Um es vorweg festzustellen: Ich habe am Montag nicht demonstriert, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Dafür hatte ich meine Gründe. Als Historiker ziehe ich es ohnehin vor, ein so bedeutungsschweres Thema wie die Zukunft unserer Zivilisation differenzierter zu behandeln, als es der Rahmen einer öffentlichen Kundgebung erlaubt. In zweien meiner bislang 39 Bücher setze ich mich mit dem Thema Islam auseinander und untersuche das Schicksal der christlichen Minderheit in Ägypten und im Osmanischen Reich. Auch mit der Geschichte Spaniens habe ich mich in zwei weiteren Werken befasst. Daher halte ich mich für kompetent genug, eine von Ihnen gemachte Äußerung zu kommentieren, die ich für nicht ganz unproblematisch halte. Denn so legitim Ihr Standpunkt auch sein mag, die Argumentation muss doch schon schlüssig und plausibel sein.
Ich wurde 1964 in Düsseldorf geboren, meine Familie ist seit drei Generationen in dieser Stadt ansässig und hat sich auf vielerlei Weise auch an ihrem öffentlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Leben beteiligt. Schon daher ist es mir ein Herzensanliegen, zu verhindern, dass sich ihr OB durch eine historisch fragwürdige Argumentation angreifbar macht.
Die Presse zitiert Sie mit den Worten:
"Die größte kulturelle Blüte des Abendlandes gab es in einer Zeit, in der Moslems, Christen und Juden in Andalusien friedlich zusammengelebt haben. Wer Ängste schürt über die Islamisierung des Abendlandes, der ist nicht nur dumm, sondern auch komplett geschichtsvergessen."
Leider muss ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei der Behauptung, Moslems, Christen und Juden hätten in Andalusien (Sie meinen gewiss: in el-Andalus, d.h. dem maurisch besetzten Spanien) „friedlich zusammengelebt“, um eine nach dem neueren Stand der Forschung unhaltbare Legende handelt.
Schon deshalb ist es gewiss unklug, Zweifler am Gelingen einer multikulturellen Coexistenz von Christen, Juden und Muslimen als „dumm“ und „komplett geschichtsvergessen“ zu bezeichnen.
Fragwürdig ist leider auch der so undifferenziert benutzte Superlativ, die Behauptung, in al-Andalus sei es zur „größten kulturellen Blüte des Abendlandes“ gekommen. So sei doch daran erinnert, dass sich Griechenland im 4. vorchristlichen Jahrhundert, Rom im 1. Jahrhundert, Aachen zur Zeit der karolingischen Renaissance und Florenz zur Zeit der italienischen Renaissance gewiss noch größerer kultureller Blüten erfreuten, von der fast kontinuierlich gepflegten Hochkultur am Hofe der Päpste einmal ganz abgesehen. Zudem kann doch keineswegs die fraglich vorhandene kulturelle Größe des frühmittelalterlichen Spaniens auf die maurischen Invasoren zurückgeführt werden, die sich zu einem großen Teil aus vormals beduinischen Berbern zusammensetzten, die aus ihrer nordafrikanischen Heimat außer schnellen Pferden und scharfen Klingen wenig mitgebracht haben. Denn bereits vor ihrer Ankunft, vor dem Jahr 711, war das westgotische Spanien ein blühendes, kulturell hochstehendes Land. Mit Isidor von Sevilla (+ 636) brachte es den ersten Universalgelehrten des europäischen Mittelalters hervor, den Verfasser der ersten (20bändigen!) Enzyklopädie. Unter ihm kam noch einmal zu einer Blüte spätantiker Kultur und Wissenschaft in Spanien, die sich weit über die iberische Halbinsel hinaus auswirkte: nicht umsonst gilt Isidor als „Lehrmeister des Abendlandes“ (J. Fontaine).
Leider hält auch die Legende von den „toleranten“ Muslimen einer näheren Überprüfung nicht stand. Natürlich galt auch in al-Andalus islamisches Recht, das automatisch jede Gleichberechtigung von Christen und Juden ausschloss. Tolerant waren die Mauren allenfalls darin, dass sie Christen und Juden größtenteils duldeten, solange diese brav ihre Jizya („Ungläubigensteuer“) bezahlten und sich ansonsten untertänig und gehorsam zeigten. Rechte hatten sie jedenfalls keine. So bezeichneten bereits Bernard Lewis und der spanische Mediävist Francisco Garcia Fitz die Legende von der „Toleranz im islamischen Spanien“ als „multikulturellen Mythos“. Dario Fernandez-Morera dokumentiert in seinem Buch „The Myth of the Andalusian Paradise“ anschaulich, dass die Beziehung zwischen den drei Religionen durch ständige Konflikte und Übergriffe gekennzeichnet war und dass die andalusische Gesellschaft nur durch geradezu tyrannische Zwangsmaßnahmen der Herrscher zusammengehalten wurde. Speziell die Christen litten unter der hohen Besteuerung, Enteignung ihrer Güter, Versklavung und religiöser Verfolgung.
Zu Veranschaulichung dessen nur ein paar Momentaufnahmen aus diesem nur scheinbar goldenen Zeitalter:
• Muhammad I. (823-886) ordnete die Zerstörung aller seit der Eroberung Spaniens (711/2) errichteten Kirchen an. Auch seine Nachfolger erlaubten nur selten den Bau oder auch nur die Reparatur bestehender Kirchen. Auch öffentliche Prozessionen, ja sogar das Läuten der Kirchenglocken war verboten. Kleidervorschriften dienten dazu, die rechtlosen „dhimmies“ („Ungläubigen“) kenntlich zu machen. Weder Christen noch Juden durften Waffen tragen oder auf einem Pferd reiten; Mischehen waren nur erlaubt, wenn der Mann ein Moslem war; die Kinder aus dieser Beziehung galten als Muslime. Als Bischof Eulogius von Cordoba ein zum Christentum konvertiertes maurisches Mädchen versteckte, wurde er 859 zum Tode verurteilt. Als seine Anhänger offen protestierten und sich öffentlich zum christlichen Glauben bekannten, begann eine Verhaftungswelle. 48 weitere Christen, die „Märtyrer von Cordoba“, wurden hingerichtet.
• Nach dem Tod al-Hakams II. 976 kam es erneut zu Ausschreitungen gegen Juden und Christen. 1011 kam es in Cordoba zu einem Pogrom gegen Juden, 1066 in Granada; letzterem fielen 1500 Familien, fast 10.000 Personen, zum Opfer. Die Folge war, dass viele Juden ab 1085 in das gerade von den Christen im Rahmen der Reconquista befreite Toledo zogen. Bis zu 40.000 Juden schlossen sich dem christlichen Heer Alfons VI. von Kastilien an. Im frühen 12. Jahrhundert wurden die Christen von Malaga und Granada nach Marokko vertrieben. Wer im Lande blieb, musste sich besonders kennzeichnen lassen: Christen durch einen besonderen Gürtel, Juden durch eine gelbe Mütze.
• Mit der Machtübernahme der fundamentalistischen Almohaden um 1147 verschlechterte sich die Lage für Christen und Juden erneut. Vor die Wahl gestellt, entweder zum Islam zu konvertieren, zu sterben oder auszuwandern, verließen viele Christen und Juden das Land – darunter der berühmteste jüdische Gelehrte des Mittelalters, Maimonides von Cordoba. Er suchte zunächst im Heiligen Land, dann in Kairo Zuflucht, dessen jüdische Kolonie unbehelligt blieb. Die meisten Juden emigrierten jedoch in die christlichen Königreiche im Norden Spaniens, wo sie größere Freiheit genossen als unter den Muslimen. Al-Andalus war von diesem Zeitpunkt an weitgehend von Christen und Juden entvölkert, von den Tausenden „ungläubigen“ Sklaven einmal abgesehen.
• Ein nicht unbedeutender Aspekt des „paradiesischen Andalusiens“ war die massenhafte Versklavung unterworfener Christen. In Hunderten Kriegszügen gegen die christlichen Königreiche im Norden und Westen wurden reiche Beute und Tausende Sklaven nach Cordoba und Grenada gebracht. So versklavte der Almohaden-Kalif Yaqub al-Mansur bei seinem Überfall auf Lissabon 1189 über 3000 Frauen und Kinder. Sein Gouverneur von Cordoba versklavte bei seinem Überfall auf Silves 3000 Christen.
Keine Frage ist, dass es trotzdem (oder gerade deshalb) in al-Andalus zu einer kulturellen Blüte kam. Wie das Rom der Kaiserzeit, so entstand auch sie auf dem Rücken der Sklaven und durch Reichtümer, die aus den ausgebeuteten Christen und Juden herausgepresst wurden. Freilich zogen der Reichtum und die Großzügigkeit der „neureichen“ Herrscher Künstler, Wissenschaftler und Ärzte aus dem Orient an, darunter zunächst auch Juden und Christen aus Nordafrika und Syrien, die es gewohnt waren, als Unfreie unter Muslimen zu leben und sich zumindest bessere Lebensumstände und eine gewisse Entlohnung erhofften. Vergessen wir nicht, dass die „kulturellen Errungenschaften“, mit denen Cordoba protzte, samt der vielzitierten Straßenbeleuchtung und der öffentlichen Bäder, zur Grundausstattung antiker Städte gehörten und sich in Antiochia, Alexandria oder Karthago bis in islamische Zeit erhalten hatten. Während die ersten muslimischen Eroberer oft radikal bildungsfeindlich waren – die, buchstäblich- „Verheizung“ der Bibliothek von Alexandria ist nur ein trauriges Beispiel dafür – begannen spätere, mildere Herrscher durchaus, sich das von den Christen und Juden bewahrte Wissen der Antike zunutze zu machen. Ob es dem Islam zum Ruhme gereicht, dass er die blühende spätantike oströmische Zivilisation nicht völlig ausgelöscht hat, sei einmal dahingestellt. Tatsache ist allerdings auch, dass es nicht eine einzige Erfindung oder kulturelle Leistung gibt, die von der islamischen Welt nicht „geerbt“ oder „importiert“ worden ist, sondern ihrer eigenen Zivilisation entspross, weil, mit Verlaub gesagt, der Islam per se latent bildungsfeindlich war und ist.
Der Mythos vom andalusischen Paradies, das der Finsternis des christlichen Mittelalters zum Opfer fiel, ist jedenfalls schnell als „Schwarze Legende“ aus der Zeit der Aufklärung entlarvt, als es galt, pauschal alles zu dämonisieren, worauf sich die Kirche berief, und einseitig zu verklären, was sich dem verhassten Christentum in den Weg gestellt hatte.
Das „friedliche Zusammenleben“ funktionierte jedenfalls nur so lange, wie Christen und Juden auf jedes Recht verzichteten und eine alltägliche Diskriminierung und Ausbeutung geduldig hinnahmen.
Ein objektiveres Bild von der Situation der Christen in mehrheitlich islamisch dominierten Kulturen können uns gewiss die ägyptischen Kopten vermitteln, die in Düsseldorf eine eigene Gemeinde unterhalten, oder die Überbleibsel der einst zumindest zahlenmäßig bedeutsamen christlichen Bevölkerung des Osmanischen Reiches, der heutigen Türkei. Auch pakistanische Christen geben Ihnen sicher gerne Auskunft über ihre Situation in einer mehrheitlich islamischen Gesellschaft.
Übrigens möchte ich betonen, dass die oben zitierten Fakten keine „exotische Meinung“ widerspiegeln, die man noch bequem als „Islamskepsis“ abtun könnte, sondern in Historikerkreisen unwidersprochen sind; Sie finden sie sogar auf „wikipedia“, das bekanntermaßen weder „rechtspopulistisch“ noch „islamophob“ ist.
Zur Dokumentation lege ich Ihnen zwei Aufsätze renommierter Historiker bei, die in der Islamophobie so unverdächtigen Zeitungen wie der „WELT“ und – weniger „rechts“ geht’s wohl kaum! – der TAZ erschienen.
In der Hoffnung, Ihnen damit vielleicht ein paar nicht unwichtige Hintergrundinformationen geliefert zu haben,
wünsche ich Ihnen einen frohen Advent und ein gesegnetes Weihnachtsfest.<<
>>Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Um es vorweg festzustellen: Ich habe am Montag nicht demonstriert, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Dafür hatte ich meine Gründe. Als Historiker ziehe ich es ohnehin vor, ein so bedeutungsschweres Thema wie die Zukunft unserer Zivilisation differenzierter zu behandeln, als es der Rahmen einer öffentlichen Kundgebung erlaubt. In zweien meiner bislang 39 Bücher setze ich mich mit dem Thema Islam auseinander und untersuche das Schicksal der christlichen Minderheit in Ägypten und im Osmanischen Reich. Auch mit der Geschichte Spaniens habe ich mich in zwei weiteren Werken befasst. Daher halte ich mich für kompetent genug, eine von Ihnen gemachte Äußerung zu kommentieren, die ich für nicht ganz unproblematisch halte. Denn so legitim Ihr Standpunkt auch sein mag, die Argumentation muss doch schon schlüssig und plausibel sein.
Ich wurde 1964 in Düsseldorf geboren, meine Familie ist seit drei Generationen in dieser Stadt ansässig und hat sich auf vielerlei Weise auch an ihrem öffentlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Leben beteiligt. Schon daher ist es mir ein Herzensanliegen, zu verhindern, dass sich ihr OB durch eine historisch fragwürdige Argumentation angreifbar macht.
Die Presse zitiert Sie mit den Worten:
"Die größte kulturelle Blüte des Abendlandes gab es in einer Zeit, in der Moslems, Christen und Juden in Andalusien friedlich zusammengelebt haben. Wer Ängste schürt über die Islamisierung des Abendlandes, der ist nicht nur dumm, sondern auch komplett geschichtsvergessen."
Leider muss ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei der Behauptung, Moslems, Christen und Juden hätten in Andalusien (Sie meinen gewiss: in el-Andalus, d.h. dem maurisch besetzten Spanien) „friedlich zusammengelebt“, um eine nach dem neueren Stand der Forschung unhaltbare Legende handelt.
Schon deshalb ist es gewiss unklug, Zweifler am Gelingen einer multikulturellen Coexistenz von Christen, Juden und Muslimen als „dumm“ und „komplett geschichtsvergessen“ zu bezeichnen.
Fragwürdig ist leider auch der so undifferenziert benutzte Superlativ, die Behauptung, in al-Andalus sei es zur „größten kulturellen Blüte des Abendlandes“ gekommen. So sei doch daran erinnert, dass sich Griechenland im 4. vorchristlichen Jahrhundert, Rom im 1. Jahrhundert, Aachen zur Zeit der karolingischen Renaissance und Florenz zur Zeit der italienischen Renaissance gewiss noch größerer kultureller Blüten erfreuten, von der fast kontinuierlich gepflegten Hochkultur am Hofe der Päpste einmal ganz abgesehen. Zudem kann doch keineswegs die fraglich vorhandene kulturelle Größe des frühmittelalterlichen Spaniens auf die maurischen Invasoren zurückgeführt werden, die sich zu einem großen Teil aus vormals beduinischen Berbern zusammensetzten, die aus ihrer nordafrikanischen Heimat außer schnellen Pferden und scharfen Klingen wenig mitgebracht haben. Denn bereits vor ihrer Ankunft, vor dem Jahr 711, war das westgotische Spanien ein blühendes, kulturell hochstehendes Land. Mit Isidor von Sevilla (+ 636) brachte es den ersten Universalgelehrten des europäischen Mittelalters hervor, den Verfasser der ersten (20bändigen!) Enzyklopädie. Unter ihm kam noch einmal zu einer Blüte spätantiker Kultur und Wissenschaft in Spanien, die sich weit über die iberische Halbinsel hinaus auswirkte: nicht umsonst gilt Isidor als „Lehrmeister des Abendlandes“ (J. Fontaine).
Leider hält auch die Legende von den „toleranten“ Muslimen einer näheren Überprüfung nicht stand. Natürlich galt auch in al-Andalus islamisches Recht, das automatisch jede Gleichberechtigung von Christen und Juden ausschloss. Tolerant waren die Mauren allenfalls darin, dass sie Christen und Juden größtenteils duldeten, solange diese brav ihre Jizya („Ungläubigensteuer“) bezahlten und sich ansonsten untertänig und gehorsam zeigten. Rechte hatten sie jedenfalls keine. So bezeichneten bereits Bernard Lewis und der spanische Mediävist Francisco Garcia Fitz die Legende von der „Toleranz im islamischen Spanien“ als „multikulturellen Mythos“. Dario Fernandez-Morera dokumentiert in seinem Buch „The Myth of the Andalusian Paradise“ anschaulich, dass die Beziehung zwischen den drei Religionen durch ständige Konflikte und Übergriffe gekennzeichnet war und dass die andalusische Gesellschaft nur durch geradezu tyrannische Zwangsmaßnahmen der Herrscher zusammengehalten wurde. Speziell die Christen litten unter der hohen Besteuerung, Enteignung ihrer Güter, Versklavung und religiöser Verfolgung.
Zu Veranschaulichung dessen nur ein paar Momentaufnahmen aus diesem nur scheinbar goldenen Zeitalter:
• Muhammad I. (823-886) ordnete die Zerstörung aller seit der Eroberung Spaniens (711/2) errichteten Kirchen an. Auch seine Nachfolger erlaubten nur selten den Bau oder auch nur die Reparatur bestehender Kirchen. Auch öffentliche Prozessionen, ja sogar das Läuten der Kirchenglocken war verboten. Kleidervorschriften dienten dazu, die rechtlosen „dhimmies“ („Ungläubigen“) kenntlich zu machen. Weder Christen noch Juden durften Waffen tragen oder auf einem Pferd reiten; Mischehen waren nur erlaubt, wenn der Mann ein Moslem war; die Kinder aus dieser Beziehung galten als Muslime. Als Bischof Eulogius von Cordoba ein zum Christentum konvertiertes maurisches Mädchen versteckte, wurde er 859 zum Tode verurteilt. Als seine Anhänger offen protestierten und sich öffentlich zum christlichen Glauben bekannten, begann eine Verhaftungswelle. 48 weitere Christen, die „Märtyrer von Cordoba“, wurden hingerichtet.
• Nach dem Tod al-Hakams II. 976 kam es erneut zu Ausschreitungen gegen Juden und Christen. 1011 kam es in Cordoba zu einem Pogrom gegen Juden, 1066 in Granada; letzterem fielen 1500 Familien, fast 10.000 Personen, zum Opfer. Die Folge war, dass viele Juden ab 1085 in das gerade von den Christen im Rahmen der Reconquista befreite Toledo zogen. Bis zu 40.000 Juden schlossen sich dem christlichen Heer Alfons VI. von Kastilien an. Im frühen 12. Jahrhundert wurden die Christen von Malaga und Granada nach Marokko vertrieben. Wer im Lande blieb, musste sich besonders kennzeichnen lassen: Christen durch einen besonderen Gürtel, Juden durch eine gelbe Mütze.
• Mit der Machtübernahme der fundamentalistischen Almohaden um 1147 verschlechterte sich die Lage für Christen und Juden erneut. Vor die Wahl gestellt, entweder zum Islam zu konvertieren, zu sterben oder auszuwandern, verließen viele Christen und Juden das Land – darunter der berühmteste jüdische Gelehrte des Mittelalters, Maimonides von Cordoba. Er suchte zunächst im Heiligen Land, dann in Kairo Zuflucht, dessen jüdische Kolonie unbehelligt blieb. Die meisten Juden emigrierten jedoch in die christlichen Königreiche im Norden Spaniens, wo sie größere Freiheit genossen als unter den Muslimen. Al-Andalus war von diesem Zeitpunkt an weitgehend von Christen und Juden entvölkert, von den Tausenden „ungläubigen“ Sklaven einmal abgesehen.
• Ein nicht unbedeutender Aspekt des „paradiesischen Andalusiens“ war die massenhafte Versklavung unterworfener Christen. In Hunderten Kriegszügen gegen die christlichen Königreiche im Norden und Westen wurden reiche Beute und Tausende Sklaven nach Cordoba und Grenada gebracht. So versklavte der Almohaden-Kalif Yaqub al-Mansur bei seinem Überfall auf Lissabon 1189 über 3000 Frauen und Kinder. Sein Gouverneur von Cordoba versklavte bei seinem Überfall auf Silves 3000 Christen.
Keine Frage ist, dass es trotzdem (oder gerade deshalb) in al-Andalus zu einer kulturellen Blüte kam. Wie das Rom der Kaiserzeit, so entstand auch sie auf dem Rücken der Sklaven und durch Reichtümer, die aus den ausgebeuteten Christen und Juden herausgepresst wurden. Freilich zogen der Reichtum und die Großzügigkeit der „neureichen“ Herrscher Künstler, Wissenschaftler und Ärzte aus dem Orient an, darunter zunächst auch Juden und Christen aus Nordafrika und Syrien, die es gewohnt waren, als Unfreie unter Muslimen zu leben und sich zumindest bessere Lebensumstände und eine gewisse Entlohnung erhofften. Vergessen wir nicht, dass die „kulturellen Errungenschaften“, mit denen Cordoba protzte, samt der vielzitierten Straßenbeleuchtung und der öffentlichen Bäder, zur Grundausstattung antiker Städte gehörten und sich in Antiochia, Alexandria oder Karthago bis in islamische Zeit erhalten hatten. Während die ersten muslimischen Eroberer oft radikal bildungsfeindlich waren – die, buchstäblich- „Verheizung“ der Bibliothek von Alexandria ist nur ein trauriges Beispiel dafür – begannen spätere, mildere Herrscher durchaus, sich das von den Christen und Juden bewahrte Wissen der Antike zunutze zu machen. Ob es dem Islam zum Ruhme gereicht, dass er die blühende spätantike oströmische Zivilisation nicht völlig ausgelöscht hat, sei einmal dahingestellt. Tatsache ist allerdings auch, dass es nicht eine einzige Erfindung oder kulturelle Leistung gibt, die von der islamischen Welt nicht „geerbt“ oder „importiert“ worden ist, sondern ihrer eigenen Zivilisation entspross, weil, mit Verlaub gesagt, der Islam per se latent bildungsfeindlich war und ist.
Der Mythos vom andalusischen Paradies, das der Finsternis des christlichen Mittelalters zum Opfer fiel, ist jedenfalls schnell als „Schwarze Legende“ aus der Zeit der Aufklärung entlarvt, als es galt, pauschal alles zu dämonisieren, worauf sich die Kirche berief, und einseitig zu verklären, was sich dem verhassten Christentum in den Weg gestellt hatte.
Das „friedliche Zusammenleben“ funktionierte jedenfalls nur so lange, wie Christen und Juden auf jedes Recht verzichteten und eine alltägliche Diskriminierung und Ausbeutung geduldig hinnahmen.
Ein objektiveres Bild von der Situation der Christen in mehrheitlich islamisch dominierten Kulturen können uns gewiss die ägyptischen Kopten vermitteln, die in Düsseldorf eine eigene Gemeinde unterhalten, oder die Überbleibsel der einst zumindest zahlenmäßig bedeutsamen christlichen Bevölkerung des Osmanischen Reiches, der heutigen Türkei. Auch pakistanische Christen geben Ihnen sicher gerne Auskunft über ihre Situation in einer mehrheitlich islamischen Gesellschaft.
Übrigens möchte ich betonen, dass die oben zitierten Fakten keine „exotische Meinung“ widerspiegeln, die man noch bequem als „Islamskepsis“ abtun könnte, sondern in Historikerkreisen unwidersprochen sind; Sie finden sie sogar auf „wikipedia“, das bekanntermaßen weder „rechtspopulistisch“ noch „islamophob“ ist.
Zur Dokumentation lege ich Ihnen zwei Aufsätze renommierter Historiker bei, die in der Islamophobie so unverdächtigen Zeitungen wie der „WELT“ und – weniger „rechts“ geht’s wohl kaum! – der TAZ erschienen.
In der Hoffnung, Ihnen damit vielleicht ein paar nicht unwichtige Hintergrundinformationen geliefert zu haben,
wünsche ich Ihnen einen frohen Advent und ein gesegnetes Weihnachtsfest.<<
ElsaLaska - 12. Dez, 22:57
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