Tahani al-Gebali beim Meeting in Rimini!
>>Die Vizepräsidentin des Obersten Verfassungsgerichts in Ägypten, Tahani al-Gebali, hat die Absetzung von Präsident Mohamed Mursi als eine unvermeidliche Notmaßnahme bezeichnet. Das sagte Gebali am Freitagabend beim italienischen Katholikentreffen der Bewegung „Comunione e Liberazione“ in Rimini. „Wir konnten nicht zulassen, dass Ägypten in die Hände von religiösen Extremisten fällt. Wir wollen einen modernen Staat“, betonte Gebali. Ihr tue es weh, dass viele westliche Medien behaupten, es sei ein Putsch gewesen. Die Wahrheit sei vielmehr, dass die Armee dem Willen von 40 Millionen nachgekommen sei, die sich gegen Mursi ausgesprochen hätten. (kap)<<
via Radio Vatikan
via Radio Vatikan
ElsaLaska - 25. Aug, 12:45
Auf welche Quelle bezieht sich die Frau denn bei dieser Behauptung, 40 Millionen seien gegen Mursi gewesen?
Und wann werden denn nun endlich freie Neuwahlen stattfinden? Dann wird man doch sehen, wen das Volk nun will.
Und wird nach den Neuwahlen dann endlich der demokratische Wille des Volkes von der Armee akzeptiert, wenn die Muslimbrüder wieder gewinnen würden?
Bei den Parlamentswahlen 2012 hat das Bündnis der Muslimbrüder 38% der Stimmen bekommt. Zweitstärkste Kraft waren die Salafisten mit 28%.
Das heisst 66% der Wähler haben islamistisch gewählt. Die Islamisten haben zusammen eine 2/3-Mehrheit im Parlament.
Offenbar hat die grosse Masse der Ägypten ganz einfach eine islamtistische Gesinnung und wünscht sich einen islamistischen Staat und eben keinen säkular-liberalen Staat.
Die ägyptischen Salafisten sind im Gegensatz zur Muslimbruderschaft verhandlungsbereit, akzeptieren einen säkularen Staat (der ohnehin muslimisch geprägt bleiben wird), sitzen mit den Säkularen an einem Tisch und sind keine Partner der Muslimbrüder, sondern deren Widersacher. Islamist ist nicht gleich Islamist.
Woher eine ägyptische Verfassungsrichterin die Zahlen hat? Die lebt dort und hat eine maßgebliche Position inne. Woher aber hast du deine Zahlen? Mit Prozenten, wie oben dargestellt, kannst du die Gesamtsituation ohnehin nicht beschreiben, weil eben rund die Hälfte der Ägypter in deiner Rechnerei überhaupt nicht auftaucht, sondern nur die damaligen Wähler. Gemäß aller Aussagen aus dem Land selbst sind gut zwei Drittel der Ägypter gegen die Muslimbrüder. Auch die Salafisten.
Der großen Masse der Ägypter der Anhängergschaft zu einer radikalen Form des Islam, des Islamismus, zu bezichtigen, ist mal wieder eine 'reife' Leistung. Langsam wird es echt peinlich. Die Ägypter sind nicht auf die Straße gegangen, um von einer Despotie in die nächste zu geraten, sondern wollen einen Staat, in dem Religion ebenso eine Rolle spielt wie die Menschenrechte. Die Muslimbrüder stehen dagegen, die wollen einen 'Gottesstaat', der die Menschenrechte nicht berücksichtigt, sondern einzig und allein im Rahmen der Scharia agiert. Und eben das, Fidelis, will die große Masse der Ägypter nicht.
Die Wähler haben zu 2/3 islamistische Parteien gewählt und eben nicht die linken, liberale, säkularen Parteien, die auch zur Wahl standen.
Die Salafisten streben übrigens einen islamischen Gottesstaat wie in Saudi-Arabien an, also die Scharia als Rechtsgrundlage und eine salafistische Auslegung des Islam als Staatsreligion.
Aber ok, wenn du sämtlich Wahlen in Ägypten seit der Revolution 2011 als nicht bindend ansieht...
Warum macht man dann nun nicht faire, freie Neuwahlen?
Die Armee soll alle Muslimbrüder sofort freilassen und sofort aufhören ihre Mitglieder zu verfolgen und zu ermorden.
Es soll völlig Pressefreiheit und Demonstrationsfreiheit herrschen, damit ein fairer Wahlkampf möglich ist.
Und dann macht man Ende des Jahres Parlamentswahlen und Präsidentschaftswahlen.
Und das Ergebnis wird dann ohne wenn und aber als demokratischer Wille des Volkes akzeptiert, auch wenn die Muslimbrüder oder ein islamistisches Lager wieder gewinnt.
Aber das scheint ja nicht der Plan der aktuellen Militär-Junta zu sein. Die wollen wohl die Muslimbrüder jetzt liquidieren, damit bei der nächsten Wahl dann das Ergebnis herauskommt, was die Armee will.
Armee-Chef al-Sisi hat ja schon angekündigt für die Präsidentschaftswahl zu kandidieren. Der neue Mubarak.
Ich kann hier gewiss nicht für Generaloberst al-Sisi sprechen. In der gegenwärtigen Situation wäre eine Parlamentswahl nur sehr schwer realisierbar, da sich das Land in völliger Unordnung befindet. Ich denke, hier ist auch nicht der Ort für Forderungen an die ägyptische Übergangsregierung, denn die liest hier nicht mit.
Aber mal ehrlich: Eine gewählte Muslimbruderregierung, die Minderheiten verfolgt und diskrimiert, wäre für dich okay, ein gewählter Präsident al-Sisi hingegen nicht? Wie passt das?
Und da du Mubarak erwähnst - er hat auch noch zahlreiche Anhänger, die nicht gewählt haben, weil ihr Idol im Gefängnis saß und deshalb nicht gewählt werden konnte. Und zu Saudi-Arabien: das Land unterstützt die Übergangsregierung, hat aber nicht die Muslimbrüder unterstützt.
@Fidelis
Wenn in Ägypten Kirchen abgefackelt werden, ist das also der demokratische Wille des Volkes? Oder anders gefragt: Was erdreisteten sich die Amerikaner, Engländer, Kanadier und die Russen, vor 70 Jahren den demokratischen Willen des deutschen Volkes, nämlich ihren geliebten Führer, anzugreifen? Oder nehmen wir mal an, der demokratische Wille des Volkes ist die Fidelis dieser Welt zum Schweigen zu bringen?
Andererseits könnte genauso behauptet werden, daß die Einfrierung des Wahlergebnisses für die Dauer einer Legislaturperiode, ungeachtetdessen daß sich die Mehrheitsmeinung des Volkes ändern könnte, an sich eine undemokratische Maßnahme sei.
Die Diskussion leidet freilich daran, daß das Wort "Demokratie" heute nicht ein neutrales Wort zur Beschreibung einer Staatsform ist, sondern einen moralischen Charakter angenommen hat.
Im Jahre 1933 hätte Reichspräsident Generalfeldmarschall v. Hindenburg den Reichskanzler General v. Schleicher diktatorische Vollmachten übertragen, die NSDAP verbieten, den Reichstag auflösen, Neuwahlen auf unbestimmte Frist vertagen (dies aber nicht als einen Vorwand) und die Ordnung mit Hilfe der Reichswehr sicherstellen müssen. Dabei, jawohl, hätte dieselbe eine etwa zu erwartende Rebellion der SA auch mit Waffengewalt niederschlagen sollen.
(Für das Niederschlagen gelten die Schranken der gerechten Kriegsführung.)
Wir alle wissen, daß der Reichspräsident es damals vorzog, verfassungsmäßig und demokratisch zu handeln.
Ich würde allerdings persönlich nicht bestreiten, daß das letztere Vorgehen verfassungsbrechend und undemokratisch gewesen wäre.
»Demokratie ist ein politisches System, bei dem das Volk eine wesentliche, mitbestimmende Funktion einnimmt. Typische Merkmale einer Demokratie sind freie Wahlen, das Mehrheitsprinzip, die Respektierung politischer Opposition, Verfassungsmäßigkeit und Schutz der Grundrechte (bzw. nur den Staatsbürgern vorbehaltenen Bürgerrechte) und Achtung der Menschenrechte.«
Das Problem an dieser Debatte ist die Verengung der politischen Systeme auf ganze zwei: Demokratie und Diktatur. Es gibt aber derer mehr. Unter der Herrschaft Mursis fehlten übliche Elemente einer tatsächlichen Demokratie, nämlich die Respektierung der politischen Opposition, der Schutz der Grundrechte und die Achtung der Menschenrechte. Ägypten war unter den Muslimbrüdern eine Ochlokratie, eine 'Pöbelherrschaft', also das negative Gegenstück der Demokratie, in der allein der Wille einer gegenwärtigen Mehrheit zählt und die die Belange von Minderheiten nicht berücksichtigt.
Eine bloße Mehrheitenherrschaft (die es in Ägypten nur als Ergebnis der Wahl gab, aber nie als Willensbildung ALLER Ägypter) ist nun mal keine Demokratie. Es fehlen wesentliche Elemente. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
@Imrahil
Außerdem finde ich, es ist eine gewagte These davon auszugehen, daß im Falle der Demokratie alle Wähler der Regierungspartei eine Hinwendung dieser Regierung zur Tyrannei auch gewollt und gebilligt hätten.
Im Fall Ägypten stand z.B. in keinem Wahlprogramm der MB: wir werden massenhaft christliche Kirchen abfackeln, plündern, vergewaltigen u.s.w.