Ich komme am Olivenhain vorbei, in dem
Rosario arbeitet, zusammen mit seinem Freund aus der Toskana, der extra für die Erntearbeiten ein paar Tage bei ihm wohnt.
Sie haben Netze unter den Bäumen ausgebreitet und "kämmen" die Oliven von den Zweigen mit einer Art elektrischem Teleskoprechen. Andere fleißige Helfer sammeln diese dann auf und legen sie in die bereit gestellten Kisten.
"Ciao, möchtest du einen Becher Wein, komm runter!" begrüßt mich Rosario herzlich. Ich pflücke ihm ein Olivenblatt von der schweißnassen Stirn.
"Seid ihr nicht zu früh dran?" will ich wissen.
Da kommt sein Freund aus der Toskana dazu. "Der perfekte Zeitpunkt für die Ernte ist, wenn sie gerade dabei sind, die Farbe von grün zu dunkel zu wechseln. Du bekommst ein besonders feines Öl. Andere ernten im November, Dezember, Januar. Das gibt ein schweres, scharfes Öl. Wenn wir jetzt ernten, dann erhalten wir ein fruchtiges, ganz leichtes und sehr bekömmliches Öl. Und du kannst sie wunderbar mit Salz einlegen und essen, wenn du sie jetzt vom Baum holst."
Er drückt mir einen Becher Sangiovese in die Hand. Rosario sagt, sie hätten jetzt bereits angefangen, weil es bald kälter werden wird. Abgesehen von dem günstigen Zeitpunkt des Farbwechsels, den sein Freund schon erklärt hatte.
"Wir essen Brote mit porchetta, das geht am schnellsten, und trinken Wein dazu."
"Porchetta gibt Kraft für die Arbeit", lache ich, "und der Wein macht sie leichter!"
"Sì! Das ist so!" Alle arbeiten fröhlich und heiter - die Olivenernte ist ähnlich wie die Weinlese eher ein kleines Fest als eine anstrengende Arbeit. Es ist ein Moment für die Ewigkeit. Ich stehe da mit meinem Becher Wein, genieße die besondere Stimmung, die unter den Erntehelfern herrscht und blicke versonnen über die sanften Hügel. Wo Weinberge sind, leuchtet die Landschaft orangerot auf, das Laub verfärbt sich bereits. Die Luft ist noch mild, aber milchig neblig.
"So viel Wasser in der Luft, man kann kaum atmen", sagt der Freund aus der Toskana. "Und überall Spinnennetze voller Wassertropfen. Ich komme heute aus dem Haus und es tropft überall."
In den Bäumen hängen Granatäpfel, die sich schon zu spalten beginnen und ihr dunkelrotes Fruchtfleisch zeigen. Drüben im Städtchen haben die Maroni-Röster ihre Stände aufgeschlagen. Zu Halloween bietet fast jedes Restaurant ein Menü mit Kürbis und Kastanien an.
Ich trinke aus und wünsche noch "Buon lavoro!" und Grüße an Amanda, die oben im Haus beschäftigt ist.
Es ist wirklich Herbst geworden.