Italien Blog
Das ist typisch Italien: ferragosto. Der 15. August, Maria Himmelfahrt, ist ein Feiertag und zugleich der Startschuss, nein, in dem Sinne eigentlich kein STARTschuss, eher ein STOPPSCHUSS. Nichts geht mehr. Die meisten Läden machen zu, die Ferienzeit beginnt.
Laut Wikipedia ist dies sogar der älteste Feiertag, den wir kennen - den die Italiener jedenfalls kennen. Alle haben zu, alle sind verreist, irgendwohin, wo es kühler ist.
Abendliche Spaziergänge im August sind ein besonderes Erlebnis. Zum einen herrscht vollkommene Stille, sieht man einmal von dem ohrenbetäubenden Lärmen der
Zikaden Grillen ab, das durch die Nacht schrillt und das Feuerwerk der Glühwürmchen abgelöst hat. Die milde, jetzt nur leicht abgekühlte Luft, ist voller Röstaromen wie von Brot, von gerösteter Gerste und Malz, Kaffee-, Holz- und Harznoten, besonders, wenn man an den Thuja- und Pinienhainen vorbeiläuft. Die frisch umgepflügte lehmige Erde fügt einen tonigen Akkord hinzu, als würde jemand einen Töpferofen befeuern. Manchmal riecht es sogar wie schwelendes Papier, glimmender Salbei, alle Paletten dieser Röstaromen sind vertreten und sorgen für Erdenschwere und Bauchgefühl. Perfekt dazu der fast volle Mond, und beinahe scheint es, als würde selbst sein Licht weizengelber, gerstenvoller und buttriger leuchten als sonst. Vom unten besungenen Julimond unterscheidet er sich nur unwesentlich - könnte man den Duft des Augustmondes wahrnehmen, er müsste vielleicht so sein wie Safranfäden in brauner Butter.
Der Brand der Bougainvilleen
schlägt aus über verlassenen Portalen
in prachtvollen Flammen
lodert es über hölzernen Schwellen
die niemand mehr
wagt zu übertreten
mit menschlichen Füßen.
Dahinter gilben mürbe Mauern
im Wettstreit mit den Knochen
ihrer ehemaligen Erbauer.
Die Felder mit Gerstenstroh lohen
hinauf zu einem Julimond
der über dem Rand der Welt hängt
wie ein vergoldeter Spiegel.
ElsaLaska - 14. Aug, 21:20
Heute genau wie gestern werde ich mit einer Flasche Wein im Liegestuhl sitzen und begeistert den Meteoritenhagel der
Perseiden bewundern, der gestern Abend bereits zwei Stunden vor Mitternacht einsetzte. Die Meteoriten nehmen ihren Ursprung aus dem Perseus, deshalb der Name. Nach meinen laienhaften Erkenntnissen steht dieser derzeit "links"vom Halbmond, so als grober Anhaltspunkt. Alles weitere lässt sich ergoogeln, schätze ich.
Die Perseiden (Laurentiustränen wg. ihres Auftretens um den Tag des Hl. Laurentius herum) sind kaum zu übersehen, sehr hell und ungewöhnlich groß, größer als eine normale Sternschnuppe, allerdings auch blitzschnell.
ElsaLaska - 11. Aug, 20:12
für
Auto-Bild ein Spitzenartikel über die römischen Polizistinnen, die den Lamborghini Gallardo als Einsatzfahrzeug benutzen dürfen.
ElsaLaska - 25. Jul, 13:55
was also fällt mir zu Berlusconi ein? In den letzten Wochen hatten ja die Richter gestreikt, weil er eine Justizreform einleiten möchte. Die Justzireform enthält durchaus auch gute Gedanken, aber wie immer bei Berlusconi natürlich eine saftige Portion Wellness fürs Ego und Ich-bin-so-frei-und-möchte-bleiben-wie-ich-bin-Regelung. In Form einer Maßnahme, die bestimmen soll, dass anhängige Verfahren gegen Mitglieder der Regierung ausgesetzt werden sollen.
Wer jetzt aus allen Wolken fällt, baß erstaunt ist, sich fragt, wie es dazu kommen konnte, für den habe ich eine Antwort: Italien hat gewählt. Und zwar Berlusconi. Und das, obwohl er schon vorher ständig durch merkwürdige Gesetzgebungspraxen aufgefallen ist, die zum Beispiel Bilanzfälschern Straffreiheit garantiert (*tongue in cheek*). Die Justizreform mit diesem persönlichen Zusatzbonbon stand also mit massiver Gravitationswucht am Ereignishorizont der Möglichkeiten, als die Entscheidung pro-Berlusconi erneut fiel. Und jetzt sitzen alle da wie die Basilisken, oder nein, rufen zu Gegendemos auf. Man musste keine abruzzesische Sibylle sein, um am Abend des Wahlentscheids zu wissen: Es wird viele nette neue Gesetze geben, und zwar alle möglichst so, dass Silvio Banana auch was davon hat.
Insofern erstaunt mich das Erstaunen etwas.
Prinzipiell fällt mir also zu Berlusconi nicht wirklich etwas Kritisch-Hinterfragendes, Fundiertes, typisch Deutsches ein. Ich halte ihn für ein Stück italienische Folklore, anerkenne die Bemühungen der Opposition, doch noch was auszurichten und esse ansonsten ein schönes Stück Focaccia mit Rosmarin. Ich bin Deutsche, ich habe keine italienische Staatsbürgerschaft, ich bin ein beobachtender Gast. Die Tatsache, dass wir zuhause die NPD im sächsischen Landtag sitzen haben, die sich weigert, für eine Gedenkminute an die Holocaust-Opfer sich schweigend zu erheben, geht mir erheblich mehr auf die Nüsse, als die Tatsache, dass Berlusconi mal wieder gewählt worden ist. Daneben brauche ich ab 2009 keine IGI mehr blechen. Wer nach dem Erfolgsgeheimnis von Berlusconi sucht, wird wahrscheinlich hier auch fündig: Er stellt es einfach schlauer an als die deutschen Politiker. Er rafft zwar wie ein Verrückter, aber er macht hin und wieder auch mal ganz brauchbare Geschenke. Während man sich in Deutschland über die Pendlerpauschale und die Ökosteuer aufreibt. Toll.
Ja, Berlusconi ist ein Desaster für die Demokratie, na freilich.
Es wäre aber ganz gut, wenn in Deutschland auch mal ein paar mehr Unternehmer in die Politik gingen und nicht nur die allseits bekannten Rechtsanwälte, Walddorfschulen-Lehrer und Sozialpädagogen. Mi dispiace.
ElsaLaska - 11. Jul, 00:16
Ich liebe italienische Rentner. Sie spazieren in Unterhosen und Hausschuhen, Jeanshütchen auf dem Kopf über die sengend heiße Landstraße, verwickeln einem in ein Gespräch und packen dann ihren deutschen Wortschatz aus, bestehend aus "Blitzkrieg", "Panzerdivision" und "Bombenalarm". Oder sie machen meine immerhin schon 75jährige weißhaarige Mama, Grace-Kelly-Frisur, in der Bar an: "Ciao bella!" (Ausgebreitete Arme, breites Jacketkronenlächeln).
Sie hocken im Schatten und spielen Karten nach Regeln, die in keinem anderen Land der Welt bekannt sind. Sie machen die Straßen unsicher mit ihren Apes, auf deren Ladefläche immer exakt zwei Reisigbesen, eine Schaufel und eine kleine Packung Mineralwasser festgezurrt sind.
Sie rufen meinem Hund "Ciao bello!" hinterher, und wenn ich mich rumdrehe korrigieren sie sich "Bell-A!" Sie wissen, wer den besten Lagotto-Trüffelhund in der ganzen Gegend hat und wo man den besten Fisch und die besten tagliatelle zu essen bekommt. Sie sitzen vor den Bars mit einem Glas kalten Weißwein, weil Bier zu teuer und Wein ihnen lieber ist und tun so, als würde der erfrischende Abend mit der leichten Brise niemals in die stockfinstere, schwülheiße Nacht übergehen. Sie nerven vor mir in der Bank, wenn sie sich umständlich ihre magere Rente in bar auszahlen lassen. Und gleich darauf liebe ich sie wieder, weil sie sich das Geld mit der Geste eines Königs in die Innentasche ihres fadenscheinigen Sakkos schieben und hinausspazieren, um ihre Frau oder ihre Familie endlich zu einem großartigen Essen (mit den besten tagliatelle und dem besten Fisch/der besten grigliata mista) einladen zu können.
Ich liebe italienische Rentner, weil sie den Hut ziehen, wenn sie an einer Kirche vorbeikommen.
Ich liebe sie deshalb, weil sie nicht vor lauter Furcht vor dem nahen Tod aufhören, sondern erst richtig anfangen. Was man sein Leben lang geübt hat, verlernt am Ende auch nicht.
ElsaLaska - 10. Jul, 00:15
Es sollte eigentlich ausreichen, wenn man bei fast 40 Grad im Schatten keine Luft mehr bekommt, wegen der Luft gab es dann jedoch Abhilfe am frühen Nachmittag in Form von 45 Grad heißen Orkanböen. Da kapitulierte ich und machte mir ein eiskaltes Bier auf, legte mich apathisch in den Segeltuchstuhl auf der Nordterrasse und betrachtete eine sauber ausdefinierte, aufgequollene Gewitterfront wie aus Zuckerwatte, die mit mächtigem Getöse und Gebraus am ansonsten völlig blauen Himmel gen Meer fuhr.
ElsaLaska - 7. Jul, 21:46
Wir waren eingeladen in ein winzig kleines borgo aus dem 12. Jahrhundert, weit hinausragend vor dem Gebirge in die dünensanften Hügel blickend, mit einer piazza, etwa 400 qm groß, die gesäumt wurde von einer alten Kirche mit Glockenturm, eingedeckt mit Tischen und davor sitzend ein Akkordeonspieler. Alle Nationen diesmal vertreten, Australier, Italiener, Holländer, Engländer, Deutsche, Belgier, die meistgebrauchten Sprachen dennoch Englisch und Italienisch und es gab Antipasti, dio mio ... Melone mit Schinken, bruschette, den Salat, der hier eine Spezialität ist, aus Birnen, Pecorino, Pinienkernen, Schinken und weiter come primi penne mit salsa rossa und garnelen, trüffeln, die schwarzen des sommers, risotto con funghi, danach come secondo tagliata und dann noch lammkotelett, und die ganze piazza spendete die übrigen knochen für rasul, den Helden des Abends neben dem Geburtstagskind natürlich, und ich ging zu Hermando und nahm ihn in den Arm und sagte: Du weißt, das hier ist ein mittelalterliches borgo, wir schmausen unter akkordeonklängen und im kerzenlicht unter den sternen und so was wäre uns zu hause nie passiert und er sagte: Ma certo, weißt du , das ist die Truman Show, gleich fällt uns ein Scheinwerfer auf den Kopf, alles nicht echt, wir träumen.
Und ich sagte, nein, Spatz, wir sind hier. Es ist dein Leben. Und es ist das beste von allen.
Und dann traf ich diesen Mann, graue Schläfen, fein geschnittenes Gesicht, leger gekleidet und sein Akzent war nicht auszumachen - Holländer oder Engländer? Und er erzählte unglaubliche Dinge, von Sicherheitsmaßnahmen international, und ich sagte, yes, iris scan und er sagte, nein, das ist alt, wissen Sie, was der neueste Standard ist? Ich stützte das Kinn in die Hände, denn ich kann mir nicht vorstellen, was sie sich jetzt noch neues ausdenken wollen nach finger print und iris scan ... Die Israelis, sagt er, mit feinem Lächeln, und ich nicke. Oh yes, THEY know about security for sure.
Die Unterschrift.Das ist der letzte Schrei in puncto Sicherheitsmaßnahme. Und ich lachte und sagte, und wozu dann all der FUZZ about iris scans, wenn es doch wieder die Unterschrift ist? Absurd.
Nachher kam ein Meteor und flitzte über den Horizont, aber keiner hat ihn gesehen.
Und sie stellten die Viertelliterflaschen eiskalten Limoncello auf die Tische.
Wenn ich jemals Fünfzig werden sollte, werde ich dieses kleine, zauberhafte, uralte borgo aus dem 12. Jahrhundert mieten. Das geht ja, aber die Milchstraße und den Meteor gab es gratis dazu.
ElsaLaska - 6. Jul, 02:42
Die Eidechsen klettern an meinen Fenstern empor, Rotkehlchen lagern auf meinem Sims, im Brunnenhäuschen schlafen die Schlangen, eine Wespenkönigin hat ein Nest in den Dachsparren gebaut und heute Nacht hüpfte ein handtellergroßer Frosch in der Küche herum.
ElsaLaska - 5. Jul, 13:29
Ich kann mich nicht erinnern, jemals die Luft über einem Gerstefeld flimmern gesehen zu haben, über einer schwarzen Teerstraße klar, aber über einem Getreidefeld? Das wird eine ziemlich kernig-knackige Gerste geben, wahrscheinlich muss man sie nichtmal rösten, sondern kann sie gleich zu Getreidekaffee vermahlen, so wie die Sonne hier schon seit Wochen herunterbrennt. Gestern hat es ein bisschen gewittert, Wasser war also auch da. Erst fielen einige Hagelkörner, aber dann doch nur noch dicke schwere Tropfen. Vor einigen Jahren gab es mal im Juli hier einen üblen Hagelschlag, das Eis türmte sich unter dem Rosmarinstrauch.
Man kann nicht viel erledigen an solchen Tagen, am besten die Klappläden frühmorgens gleich schließen - meine Erledigungstour heute vormittag war jedenfalls durch das Hitzeb r e t t , das mir jedesmal wieder beim Aussteigen entgegenknallte, trotz Klimaanlage auch nicht so toll. Außerdem ist es im Tal immer noch viel heißer. Nachdem die Fernsehgebühren hier eine FernsehSTEUER sind, wodurch automatisch die guardia di finanza ins Spiel kommen KÖNNTE, habe ich beschlossen, nach der freundlichen zweiten brieflichen Anfrage die 106 Euro halt zu überweisen. Das Meer habe ich kurz vom Auto aus gesehen, es ging fast ohne eine Nahtstelle in das Blau des Himmels über. Gestern ist ein alter Mann am Strand dort gestorben, beim vongole sammeln.
Das machen hier viele, die Wasserqualität ist hervorragend, ein Stück weiter im Süden ist sie sogar genausogut wie auf Sardinien. Leider ist Hundeverbot an den meisten Stränden und eigentlich ist es mir auch zu überlaufen dort. Ich bin einmal bei einer solchen Hitze ins Meer rein und klebte danach noch mehr. Warmes Salzwasser, uäh.
Jedenfalls macht sich mein Notebookkühler langsam bezahlt. Er müsste nur noch viel größer sein, damit ich mich mitsamt dem Notebook draufsetzen könnte.
Vorhin beim Pizzamachen endeckte ich, dass ein Teil der Mozzarellakügelchen in der Lake eingefroren waren. Rasul liebt Mozzarella und der gefrorene Block war für ihn eine herrliche Erfrischung.
Ein Eis wärs jetzt ...
ElsaLaska - 3. Jul, 21:47
ein im Durchmesser etwa zwei Meter fassender Lavendelbusch, blühend. Darin summt und brummt es emsig. Bei näherem Betrachten gesehen, dass er vor allem von zahllosen winzigen Wildbienen in wolfsfarbenem Pelz besucht wird.
ElsaLaska - 27. Jun, 15:08