Studium
"Ihr bedeckt eure Pferde mit seidenen Decken und eure Panzer mit allen möglichen Überhängen und Tüchern, ihr bemalt die Speere, die Schilder und die Sättel; die Zügel und Sporen schmückt ihr ringsum mit Gold, Silber und Edelsteinen; mit so großer Pracht eilt ihr in beschämender Raserei und schamlosem Stumpfsinn in den Tod. Sind das militärische Abzeichen oder nicht vielmehr weibischer Putz? Meint ihr vielleicht, dass der Dolch des Feindes vor dem Gold zurückscheut, die Edelsteine schont und die Seide nicht zu durchbohren vermag? Ihr wisst so gut wie ich, weil ihr es selbst erfahren habt, dass es drei Grundvoraussetzungen gibt, um in die Schlacht zu ziehen: Der tapfere und fleißige Ritter sei umsichtig, um sich selbst zu schützen; er sei frei zur Bewegung und beherzt zum Treffen. Ihr aber tragt langes Haar wie eine Frau, das eurem Blick im Wege ist. Ihr behindert eure Schritte durch lange und weite Tuniken. Eure zarten und feinen Hände sind gleichsam vergraben in weiten, wallenden Ärmeln. Obendrein geschieht es aus leichtfertigen und oberflächlichen Gründen, dass man einen solch gefährlichen Kriegsdienst auf sich nimmt. Davor sollte das Gewissen eines Bewaffneten zurückschrecken."
Bernhard von Clairvaux über die weltlichen Ritter.
J. Leclercq: Bernhard von Clairvaux. Ein Mönch prägt seine Zeit. München, 2005. S. 63
ElsaLaska - 20. Aug, 13:14
Hedwig Conrad-Martius, die protestantische Freundin von Edith Stein erinnert sich, wie sie einmal zusammen mit ihr in den protestantischen Gottesdienst in Bad Bergzabern ging.
Die hl. Edith Stein besuchte vor ihrer endgültigen Entscheidung für den Katholizismus auch evangelische Kirchen und Gottesdienste.
Frau Conrad-Martius schreibt: "In der gleichen Zeit gingen wir einmal zusammen in die protestantische Kirche von Bergzabern, deren (uniert-reformierter) Gottesdienst allerdings mehr als nüchtern und außerdem noch 'liberal' war. Da sagte sie [gemeint ist E.St.] nachher: Im Protestantismus ist der Himmel geschlossen, im Katholizismus ist er offen."
ElsaLaska - 7. Aug, 13:38
der ihr immer wieder vorwarf, ihre wissenschaftliche Arbeit sei "zu katholisch":
"Wie ist es möglich, dass ein Mensch mit wissenschaftlicher Schulung ... die allerwichtigsten Probleme mit einer Phrase abtut, die an den Stil eines Winkelblättchens erinnert. Mit welchem Recht können Sie die großen Lehrer und großen Heiligen der Kirche entweder als Dummköpfe oder als schlaue Betrüger bezeichnen?"
und zwei Jahre später dann:
"Der Glaube, dessen schaffende und umgestaltende Kraft ich in mir selbst und anderen höchst realiter erfahre, der Glaube, der die Dome des Mittelalters aufgetürmt hat und den nicht minder wunderbaren Bau der kirchlichen Liturgie, der Glaube, den der hl. Thomas 'den Anfang des ewigen Lebens in uns' nennt - an dem zerbricht mir jede Skepsis. Damit machen Sie nun, was Sie wollen."
ElsaLaska - 7. Aug, 09:34
dass dieser Aspekt der Nazidiktatur aktuell gerne mal aus dem Blickwinkel verloren wird, also nur als ergänzende und auffrischende Info, nicht um zu irgendeiner Form von Opferkompetition aufzurufen:
"Im Christentum sah Hitler die Fortsetzung des Judentums, eine Erfindung des Juden Paulus; die christliche Moral widersprach seinem Menschenbild; kompromisslose Ablehnung und Vernichtung war sein Programm. Er betrachtete sich dazu berufen, insbesondere die katholische Kirche ebenso wie Judentum und Bolschewismus zu vernichten. ... "Der Faschismus mag in Gottes Namen seinen Frieden mit der Kirche machen. Ich werde das auch tun. Warum nicht! Das wird mich nicht abhalten, mit Stumpf und Stiel, mit all seinen Wurzeln das Christentum aus Deutschland auszurotten. Man ist entweder Christ oder Deutscher. Beides kann man nicht sein." [O-Ton Hitler]. ... Im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch (Juni 1934) ließ er auch katholische Kirchenführer wie die Laien Erich Klausener und Edgar Julius Jung ermorden. Zum Boykott jüdischer Geschäfte war schon erstmals im April 1933 aufgerufen worden. ... "
Franzen, Kleine Kirchengeschichte. Herder Verlag.
ElsaLaska - 20. Mai, 23:14
"Am 14. August 1870 veranstalteten die oppositionellen Bonner katholischen Theologieprofessoren eine Protestkundgebung in Königswinter, auf der man sich in heftigen Anschuldigungen gegen die vatikanische "Versammlung" [gemeint ist Vaticanum I], der man den Charakter eines freien Konzils absprach, gegenseitig überbot. Am 27. August fand eine weitere Versammlung in einem größeren Rahmen in Nürnberg statt. Man sammelte Unterschriften und rekrutierte Anhänger; in Köln und München bildeten sich zu diesem Zweck sog. "Zentral - Comitees". Döllinger hatte das Stichwort von der "alten katholischen Kirche" gegeben, die durch das Vatikanische Konzil in ihrem Wesen verändert worden sei. Für die "Altkatholische Kirche" wollte man jetzt kämpfen."
Franzen, Kleine Kirchengeschichte, § 54 Nach dem Konzil: Altkatholizismus und Kulturkampf in Deutschland.
ElsaLaska - 20. Mai, 16:47
Auszug aus einer Predigt zum 40. Jahrestag des II. Vatikanischen Konzils, entnommen dem Buch "Freiheit und Glaube" unseres Hl. Vaters:
"Was für ein Bild wird uns in diesem Abschnitt [der Genesis] vor Augen geführt?
Der Mensch vertraut nicht auf Gott. Von den Worten der Schlange verführt, hegt er den Verdacht, daß Gott ihm letzten Endes etwas von seinem Leben wegnehme, daß Gott ein Konkurrent sei, der unsere Freiheit einschränke, und daß wir erst dann im Vollsinn Menschen sein würden, wenn wir Gott zurück gesetzt haben; kurz, daß wir nur auf diese Weise unsere Freiheit voll verwirklichen können. Der Mensch lebt in dem Verdacht, die Liebe Gottes erzeuge eine Abhängigkeit und er müsse sich von dieser Abhängigkeit befreien, um vollkommen er selbst zu sein.
Der Mensch will seine Existenz und die Fülle seines Lebens nicht von Gott empfangen. Er will selber vom Baum der Erkenntnis die Macht dazu erlangen, die Welt zu formen, Gott zu werden, in dem er sich auf eine Stufe mit Ihm erhebt, und den Tod und die Finsternis mit eigener Kraft besiegen. Er will nicht auf die Liebe zählen, die ihm nicht zuverlässig erscheint; er zählt einzig und allein auf die Erkenntnis, da sie ihm die Macht verleiht. Anstatt auf die Liebe setzt er auf die Macht, mit der er sein Leben selbständig in die Hand nehmen möchte. Und indem er das tut, vertraut er der Lüge statt der Wahrheit und stürzt so mit seinem Leben ins Leere, in den Tod. Liebe ist nicht Abhängigkeit, sondern Geschenk, das uns leben läßt.
Die Freiheit eines Menschen ist die Freiheit eines begrenzten Wesens und ist daher selbst begrenzt.
Wir können sie nur als geteilte Freiheit, in der Gemeinschaft der Freiheiten, besitzen: Nur wenn wir in rechter Weise miteinander und füreinander leben, kann sich die Freiheit entfalten. Aber wir leben in rechter Weise, wenn wir gemäß der Wahrheit unseres Seins, das heißt nach dem Willen Gottes leben. Denn der Wille Gottes ist für den Menschen nicht ein von ihm außen auferlegtes Gesetz, das ihn einengt, sondern das seiner Natur wesenseigene Maß, ein Maß, das in ihn eingeschrieben ist und ihn zum Abbild Gottes und somit zum freien Geschöpf macht. Wenn wir gegen die Liebe und gegen die Wahrheit - also gegen Gott - leben, zerstören wir uns gegenseitig und zerstören die Welt. Dann finden wir nicht das Leben, sondern handeln im Interesse des Todes. Das alles wird mit den unvergänglichen Bildern in der Geschichte vom Sündenfall und von der Vertreibung des Menschen aus dem irdischen Paradies erzählt."
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Genesis 3: Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott der HERR gemacht hatte, und sprach zu der Frau: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten? 2 Da sprach die Frau zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; 3 aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet! 4 Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, 5 sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
6 Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon und er aß. 7 Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.
8 Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter den Bäumen im Garten. 9 Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? 10 Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. 11 Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest nicht davon essen? 12 Da sprach Adam: Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum und ich aß. 13 Da sprach Gott der HERR zur Frau: Warum hast du das getan? Die Frau sprach: Die Schlange betrog mich, sodass ich aß.
14 Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang. 15 Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.
16 Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.
17 Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. 18 Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. 19 Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.
20 Und Adam nannte seine Frau Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben. 21 Und Gott der HERR machte Adam und seiner Frau Röcke von Fellen und zog sie ihnen an. 22 Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! 23 Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war. 24 Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.
ElsaLaska - 4. Mai, 10:38
Es gibt eine sehr differenzierte, sehr nachdenkliche und ausgewogene Katechese von Kardinal Schönborn zur Themenstellung Schöpfung und Evolution aus dem Jahre 2005, in der er darlegt, dass Glaube und Wissenschaft einander nicht widersprechen müssen - jedenfalls aus Sicht der katholischen Kirche. Sie ist allerdings ein bisschen umfangreich und verlangt dem nichtgläubigen Leser wenigstens den guten Willen ab, sich mit gewissen Vorstellungen des Christentums intellektuell vertraut machen zu wollen.
Dennoch kann ich sie wirklich sehr empfehlen.
1. Teil:
Zum Verhältnis von Schöpfungsglauben und wissenschaftlichem Zugang zur Welt der Wirklichkeit.
2. Teil:
Was heißt Schöpfungsakt im Sinne christlichen Glaubens?
3. Teil:
Die Artenvielfalt in der Schöpfung
4. Teil:
Das fortdauernde Schöpferwirken Gottes hält die Welt im Innersten zusammen
Aus dem vierten Teil möchte ich mir gerne ein Zitat einkopieren, einmal weil Kardinal Schönborn einen ehemals atheistischen Russen zitiert und ich ja Slawistik studiert habe, und zum zweiten, weil mir auch sehr gut gefällt, dass er in seiner vierten Katechese betont, dass es ebenso wie einen naturwissenschaftlichen Zugang auch einen poetischen Zugang zur Wirklichkeit geben kann - ein Gedanke, den ich ebenfalls immer verteidigt habe. Schönborn zitiert den Religionsphilosophen
Sergej Bulgakov und dessen Bekehrungserlebnis, das circa im Jahre 1895 stattgefunden hat:
"Ich stand in meinem vierundzwanzigstem Jahr, aber fast zehn Jahre lang schon war der Glaube aus meiner Seele gerissen, und nach Krisen und Zweifeln hatte eine religiöse Leere von ihr Besitz ergriffen. Oh, wie schrecklich ist dieser Schlaf der Seele, der ein Leben lang dauern kann! Mit dem geistigen Wachstum und dem Erwerb der wissenschaftlichen Kenntnisse war meine Seele in Selbstzufriedenheit, Blasiertheit und Vulgarität untergegangen...
Plötzlich geschah dies... Der Abend nahte... Wir fuhren durch die südliche Steppe, die in den würzigen Duft des Honigs der Gräser und des Heus gehüllt war, gold leuchtend im milden Licht der untergehenden Sonne, In der Ferne wurden die ersten Berge des Kaukasus bereits blau. Ich sah sie zum ersten Mal. Ich betrachtete begierig die Berge, ich atmete die Luft und das Licht: Ich lauschte der Offenbarung der Natur. Meine Seele hatte sich seit langem daran gewöhnt, in der Natur nichts anderes als eine tote Wüste zu sehen, die ein Schleier der Schönheit bedeckte, als trüge sie eine täuschende Maske. Und plötzlich wurde meine Seele von Freude erfüllt und zitterte vor Begeisterung: Und wenn es gäbe..., wenn es keine Wüste gäbe, keine Maske, keinen Tod, sondern ihn, den milden und liebenden Vater, wenn das sein Schleier wäre, seine Liebe...; wenn die frommen Gefühle meiner Kinderzeit, als ich mit ihm lebte, als ich vor seinem Antlitz stand, als ich ihn liebte und zitterte wegen meiner Unfähigkeit, mich ihm zu nahen, wenn meine Tränen und meine junge Glut, die Sanftheit des Gebets, meine kindliche Reinheit, über die ich mich lustig machte, als ich sie befleckt hatte, wenn das alles wahr wäre und das andere – die todesträchtige Leere – nichts als Verblendung und Lüge? Aber war das möglich? Wusste ich nicht seit meinen Jahren im Seminar, dass Gott nicht existierte? Konnte es darüber einen Zweifel geben? Konnte ich diese Gedanken mir selber eingestehen, ohne mich ob meiner Feigheit beschämt zu fühlen, ohne einen panischen Schrecken vor der 'Wissenschaft' und ihrem Gericht zu empfinden?
Und wieder ihr, oh ihr Berge des Kaukasus. Ich habe euer Eis glitzern sehen, von einem Meer zum anderen, euren Schnee, den die Morgensonne rötete, eure Gipfel, die den Himmel durchragen, und meine Seele schmolz in Ekstase.
Der erste Tag der Schöpfung leuchtete vor meinen Augen. Alles war hell, alles war voller Frieden und widerhallender Freude. Es gab kein Leben und keinen Tod, nur ein ewiges und unwandelbares Jetzt. Und ein unerwartetes Gefühl erhob sich in mir und wuchs groß empor: das Gefühl des Sieges über den Tod."
ElsaLaska - 3. Mai, 18:16
"Angst ist das entscheidenst Doppeldeutige der geschöpflichen Existenz. An und für sich ist sie nach dem geheimnisvollen Wort des Philipperbriefes, wie Augustinus und Newman es deuten, die Weise, i der wir des Allwirkens Gottes inne werden: "Wirket euer Heil in Furcht und Zittern, denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen wirkt nach Seinem Wohlgefallen". In der letzten Angst wissen wir um die Lebendigkeit der Souveränität der Göttlichen Majestät, und so ist es auch in einem wahren Sinn des Wortes Angst vor Gott. Aber dann entscheidet es sich, ob diese Angst wird eine Angst weg von Gott oder eine Angst in Gott hinein. Das Urbild der ersten Angst ist der Dämon, der wie Gott sein will, um Gottes mächtig zu sein, und in dieser Macht vor Gott sicher: die Teufel glauben und zittern (Jak 2, 19). Das Urbild der zweiten Angst ist der Herr in Gethsemani, der vor dem Kelch des Vaters erbebt, aber in den Willen des Vaters hinein."
Erich Przywara, SJ: Humanitas. Der Mensch gestern und morgen.
ElsaLaska - 28. Apr, 10:56
"Der Weg Luthers und Bach geht in eine "Bannung" der Angst, der Weg Ignatius' von Loyola und Teresas von Avila in das bis zum letzten sich opfernde "Sinken" in die Angst. Das Kennwort der Bannung heißt Heilsgewissheit, - aber eben darum ist diese Heilsgewissheit bei Luther vulkanisch die Eruptivität des "Lutherzorns" und bei Bach wird das Leidenschaftliche der Not und des Dennoch herb und hart zur Starre der Meduse oder gar des Schemas. Es bleibt zuletzt im Schrei, - oder gerade die "Starre des Schema" wandelt sich geheim zu "heiligem Dienst" (wie in der Kunst der Fuge). So zeugt sie für das Kennwort des Sinkens: "Verfüge, wie du willst!" (das dispone als Grundwort bei Ignatius wie bei Theresa): in den bedingungslos fruchtlosen Dienens (wie bei Ignatius) in die tötende Süßigkeit der göttlichen Liebe (wie bei Teresa)."
Erich Przywara, SJ: Humanitas. Der Mensch gestern und morgen.
ElsaLaska - 28. Apr, 10:39
"Die Zeit der lutherischen Reformation und katholischen Restauration war eine Zeit des "entsiegelten Abgrunds" (Offb 6): Krieg, Not, Tod, Erdbeben, bis die Hölle selbst zu rasen schien, da die Menschheit Teufel und Besessene überall sah und im Kampf gegen sie selber einer angstgejagten Besessenheit der Grausamkeit verfiel. Dann schlug die Zeit der Hexenbrände jäh in die Zeit der Aufklärung um, wo derselben Menschheit dies alles so sehr entschwand, dass auch der lebendige Gott ihr entschwand, da nur noch die "Ideen" der enzyklopädischen "Natur, Vernunft, Moral" und der revolutionären "Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit" einen Himmel bildeten, der von einer utopisch "glücklichen Erde" sich nicht unterschied. Aber die letzten Fanale der Hexenbrände düsterten doch noch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, - und das beginnende 20. Jh. zeigt bereits die ersten Spuren einer neuen Zeit des "entsiegelten Abgrunds": Psychoanalyse und Individualpsychologie entstehen als der verzweifelte Versuch, der neurotische Besessenheiten Herr zu werden, die der Erfolg der aufklärerischen Vernunftreligion sind.
Die Aufklärung hat alles aufgeklärt, bis auch der Abgrund wieder klar ist. Von der lutherischen Heilsgewissheit zur Descartschen Selbstgewissheit ... geht der verzweifelte Versuch der Menschheit, jener dämonischen Angst Herr zu werden, die den Begründer der Reformation, Luther, schüttelte. Dieser Versuch ist heute in die Philosophie Martin Heideggers geendet, für die eben diese Angst Wesen des Sein ward, weil das hoffnungslos absolute Nichts Untergrund des Sein ist.. Dann aber kündet sich in der Art, wie diese Angst-Metaphysik Heideggers die Angst-Mystik der kleinen Blanche in Gertrud Le Forts "Letzte am Schafott" gegenübersteht, auch die Erneuerung des Letzten, was die Zeit der lutherischen Reformation und katholischen Restauration kennzeichnet. Im Durchleiden dieser letzten Angst, die nicht mehr eigentlich "Angst vor" ..., sondern "Angst schlechthin" [ist] - hierin gehen die großen Persönlichkeiten der lutherischen Reformation und katholischen Restauration noch einige: Luther, Bach auf der einen Seite, Ignatius von Loyola und Teresa von Avila auf der anderen. Aber dann scheiden sich die Wege jäh."
Erich Przywara, SJ: Humanitas. Der Mensch gestern und morgen.
ElsaLaska - 27. Apr, 11:04