Die Unschuld der Muslime
Ein Gastbeitrag von Olaf Tannenberg.
Ein Mann namens Nakoula Basseley Nakoula alias Sam Bacile hat einen Brand gelegt. Der Flammenrauch dieses Feuers hat beinahe vermocht, die Friedensbotschaft des zwischenzeitlich im Libanon weilenden Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., zu vernebeln, zu verdunkeln und in ein Häufchen Asche zu verwandeln. Denn die entzündeten Scheite weiteten sich rasch zu einem Flächenbrand aus.
Vor wenigen Tagen war der erwähnte Herr Nakoula noch weitestgehend unbekannt. Kurz zusammengefasst handelt es sich um einen in Ägypten geborenen koptischen Christen mit US-Staatsbürgerschaft. Er ist Autor, Produzent, Regisseur und wegen eines Drogendeliktes Vorbestrafter. International bekannt - oder eher traurig-berühmt - wurde er durch sein ebenso törichtes wie groteskes Machwerk "Innocence of Muslims". Primitiv und dilettantisch wird dort der islamische Prophet Mohammed als pädophil, lüstern, blutrünstig und geistig minderbemittelt dargestellt.
Der besagte Streifen ist nicht ganz so neu, wie es vielfach angenommen wird. Er wurde bereits am 23. Juni 2012 erstmals in einem kleinen Kino in Los Angeles aufgeführt. Im Juli 2012 fanden sich erste Ausschnitte auf dem Videoportal YouTube, die kaum beachtet wurden - bis im September 2012 arabisch synchronisierte Fassungen auftauchten. Ab dem 11. September 2012, einem ohnehin denkwürdigen Datum, brannte der Globus. Überall auf der Welt, nicht nur in islamischen Ländern, gab es Proteste und gewalttätigen Aufruhr.
Ein kurzer Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
.::. Am 11. September 2012, ausgerechnet am 11. Jahrestag der Terroranschläge in den USA, protestierten und randalierten in Kairo/Ägypten rund 3.000 Menschen vor der US-Botschaft. Kurz darauf griffen in Bengasi/Libyen schwer bewaffnete Islamisten die amerikanische Botschaft an und ermordeten den Botschafter John Christopher Stevens sowie drei seiner Mitarbeiter.
.::. Im Jemen wurde zwei Tage später, am 13. September 2012, ebenfalls die US-Botschaft attackiert, vier Menschen starben bei gewaltsamen Protesten. 200 Menschen wurden bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Kairo verletzt. Weitere Proteste gab es im Irak, in Iran und in Gaza.
.::. Einen Tag darauf griffen in Khartum/Sudan aufgebrachte Muslime die deutsche und die britische Botschaft an. In Tunis wurde eine US-Schule angezündet, vier Menschen starben, etwa 50 wurden verletzt.
.::. Ab dem 15. September 2012 griffen die Proteste auf Afghanistan über. Zwei amerikanische Soldaten starben. Jemens Parlament verweigerte den USA den Schutz ihrer Botschaft durch Spezialeinheiten. Die jemenitische Al-Qaida gab eine Erklärung ab, in der die Ermordung des Botschafters in Libyen eine Racheaktion für die Tötung der Nummer Zwei der Al-Qaida, Abu Jahja al Libi, war, der durch einen Drohnenangriff in Pakistan ums Leben kam.
.::. Ausgerechnet am 16. September 2012, während des Aufenthalts des Heiligen Vaters im Libanon, ruft auch die dortige Hisbollah-Miliz zu Protesten auf. Einen Tag darauf kam es zu Protesten in Jakarta/Indonesien, auf den Philippinen und im Jemen, die sich hauptsächlich gegen die USA und gegen Israel richteten. Auch in Kabul rast erneut die Gewalt.
.::. Am 18. September 2012 ermordete in Kabul ein Selbstmordattentäter zwölf Menschen, darunter neun Ausländer. Zu dieser Tat bekannte sich die radikal-islamische Hesb-e-Islami des früheren afghanischen Premierministers Hekmatyar.
Der Schmähfilm und die gewaltsamen Proteste rufen in Politik und Medien weltweit eher kongruente Ansichten hervor. Beides wird verurteilt, von einer Phalanx, die von der US-Außenministerin Hillary Clinton über den DBK-Vorsitzenden EB Robert Zollitsch bis zum UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reicht und auch hochrangige Politiker Ägyptens und Libyens einschließt. Wenig einig ist man sich in Deutschland indes über die weitere Verfahrensweise. Die Vertreter einer Politik der öffentlichen Sicherheit befürchten Ausschreitungen auch in Deutschland und befürworten daher ein Verbot der Vorführung des Schmähfilms. Verfechter der Meinungsfreiheit wollen hingegen keine Einschränkungen durch ein solches Verbot.
Ich selbst bin gegen ein Verbot. Der demokratische Rechtsstaat darf vor den Drohungen eines aufgebrachten Mobs nicht kapitulieren, schon gar nicht im vorauseilenden Gehorsam, er darf vor Extremisten nicht zurückweichen oder aus Furcht seine Grundsätze aufgeben. Ich bin aber auch geneigt zu hinterfragen, mit welchen Mitteln und Methoden ein Mensch oder eine Organisation den verfassungsgemäßen Anspruch auf freie Meinungsäußerung für sich wahrnehmen will. Längst ist es zur Unsitte geworden, nicht eine Meinung zu äußern, sondern die vermeintlichen Gegner mit Unrat zu überschütten. Anstand und Mäßigung sind dabei nur im Weg.
Religionsgemeinschaften stehen besonders häufig im Fokus jener, die nicht kritisieren sondern verunglimpfen wollen. Denn haben nicht ALLE Gläubigen heute über Gebühr die Schändung und Verhöhnung ihrer Religion, ihrer Werte und Symbole hinzunehmen? Und sind Verhöhnung und Verachtung geeignete Stilmittel der Meinungsäußerung?
Der Heilige Vater hat uns mit seiner Libanonreise zwischen dem 14. und 16. September 2012 klar aufgezeigt, worauf es wirklich ankommt. Die Welt muss, um nicht im Feuer des Hasses zu verglühen, die eindringliche Botschaft Papst Benedikts, die er unter Inkaufnahme hoher persönlicher Risiken in eine Region der Kriege und der Feindseligkeiten trug, endlich beherzigen. Sie heißt: Frieden und Gewaltverzicht, Verständigung und Versöhnung.
Oremus pro invicem!
Ein Mann namens Nakoula Basseley Nakoula alias Sam Bacile hat einen Brand gelegt. Der Flammenrauch dieses Feuers hat beinahe vermocht, die Friedensbotschaft des zwischenzeitlich im Libanon weilenden Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., zu vernebeln, zu verdunkeln und in ein Häufchen Asche zu verwandeln. Denn die entzündeten Scheite weiteten sich rasch zu einem Flächenbrand aus.
Vor wenigen Tagen war der erwähnte Herr Nakoula noch weitestgehend unbekannt. Kurz zusammengefasst handelt es sich um einen in Ägypten geborenen koptischen Christen mit US-Staatsbürgerschaft. Er ist Autor, Produzent, Regisseur und wegen eines Drogendeliktes Vorbestrafter. International bekannt - oder eher traurig-berühmt - wurde er durch sein ebenso törichtes wie groteskes Machwerk "Innocence of Muslims". Primitiv und dilettantisch wird dort der islamische Prophet Mohammed als pädophil, lüstern, blutrünstig und geistig minderbemittelt dargestellt.
Der besagte Streifen ist nicht ganz so neu, wie es vielfach angenommen wird. Er wurde bereits am 23. Juni 2012 erstmals in einem kleinen Kino in Los Angeles aufgeführt. Im Juli 2012 fanden sich erste Ausschnitte auf dem Videoportal YouTube, die kaum beachtet wurden - bis im September 2012 arabisch synchronisierte Fassungen auftauchten. Ab dem 11. September 2012, einem ohnehin denkwürdigen Datum, brannte der Globus. Überall auf der Welt, nicht nur in islamischen Ländern, gab es Proteste und gewalttätigen Aufruhr.
Ein kurzer Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
.::. Am 11. September 2012, ausgerechnet am 11. Jahrestag der Terroranschläge in den USA, protestierten und randalierten in Kairo/Ägypten rund 3.000 Menschen vor der US-Botschaft. Kurz darauf griffen in Bengasi/Libyen schwer bewaffnete Islamisten die amerikanische Botschaft an und ermordeten den Botschafter John Christopher Stevens sowie drei seiner Mitarbeiter.
.::. Im Jemen wurde zwei Tage später, am 13. September 2012, ebenfalls die US-Botschaft attackiert, vier Menschen starben bei gewaltsamen Protesten. 200 Menschen wurden bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Kairo verletzt. Weitere Proteste gab es im Irak, in Iran und in Gaza.
.::. Einen Tag darauf griffen in Khartum/Sudan aufgebrachte Muslime die deutsche und die britische Botschaft an. In Tunis wurde eine US-Schule angezündet, vier Menschen starben, etwa 50 wurden verletzt.
.::. Ab dem 15. September 2012 griffen die Proteste auf Afghanistan über. Zwei amerikanische Soldaten starben. Jemens Parlament verweigerte den USA den Schutz ihrer Botschaft durch Spezialeinheiten. Die jemenitische Al-Qaida gab eine Erklärung ab, in der die Ermordung des Botschafters in Libyen eine Racheaktion für die Tötung der Nummer Zwei der Al-Qaida, Abu Jahja al Libi, war, der durch einen Drohnenangriff in Pakistan ums Leben kam.
.::. Ausgerechnet am 16. September 2012, während des Aufenthalts des Heiligen Vaters im Libanon, ruft auch die dortige Hisbollah-Miliz zu Protesten auf. Einen Tag darauf kam es zu Protesten in Jakarta/Indonesien, auf den Philippinen und im Jemen, die sich hauptsächlich gegen die USA und gegen Israel richteten. Auch in Kabul rast erneut die Gewalt.
.::. Am 18. September 2012 ermordete in Kabul ein Selbstmordattentäter zwölf Menschen, darunter neun Ausländer. Zu dieser Tat bekannte sich die radikal-islamische Hesb-e-Islami des früheren afghanischen Premierministers Hekmatyar.
Der Schmähfilm und die gewaltsamen Proteste rufen in Politik und Medien weltweit eher kongruente Ansichten hervor. Beides wird verurteilt, von einer Phalanx, die von der US-Außenministerin Hillary Clinton über den DBK-Vorsitzenden EB Robert Zollitsch bis zum UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reicht und auch hochrangige Politiker Ägyptens und Libyens einschließt. Wenig einig ist man sich in Deutschland indes über die weitere Verfahrensweise. Die Vertreter einer Politik der öffentlichen Sicherheit befürchten Ausschreitungen auch in Deutschland und befürworten daher ein Verbot der Vorführung des Schmähfilms. Verfechter der Meinungsfreiheit wollen hingegen keine Einschränkungen durch ein solches Verbot.
Ich selbst bin gegen ein Verbot. Der demokratische Rechtsstaat darf vor den Drohungen eines aufgebrachten Mobs nicht kapitulieren, schon gar nicht im vorauseilenden Gehorsam, er darf vor Extremisten nicht zurückweichen oder aus Furcht seine Grundsätze aufgeben. Ich bin aber auch geneigt zu hinterfragen, mit welchen Mitteln und Methoden ein Mensch oder eine Organisation den verfassungsgemäßen Anspruch auf freie Meinungsäußerung für sich wahrnehmen will. Längst ist es zur Unsitte geworden, nicht eine Meinung zu äußern, sondern die vermeintlichen Gegner mit Unrat zu überschütten. Anstand und Mäßigung sind dabei nur im Weg.
Religionsgemeinschaften stehen besonders häufig im Fokus jener, die nicht kritisieren sondern verunglimpfen wollen. Denn haben nicht ALLE Gläubigen heute über Gebühr die Schändung und Verhöhnung ihrer Religion, ihrer Werte und Symbole hinzunehmen? Und sind Verhöhnung und Verachtung geeignete Stilmittel der Meinungsäußerung?
Der Heilige Vater hat uns mit seiner Libanonreise zwischen dem 14. und 16. September 2012 klar aufgezeigt, worauf es wirklich ankommt. Die Welt muss, um nicht im Feuer des Hasses zu verglühen, die eindringliche Botschaft Papst Benedikts, die er unter Inkaufnahme hoher persönlicher Risiken in eine Region der Kriege und der Feindseligkeiten trug, endlich beherzigen. Sie heißt: Frieden und Gewaltverzicht, Verständigung und Versöhnung.
Oremus pro invicem!
ElsaLaska - 18. Sep, 21:06